Liquidität sichern: Forderungsmanagement für Selbstständige und Freiberufler
Die wirtschaftlichen Aussichten haben sich eingetrübt. Deshalb wird es für Selbstständige und Freiberufler immer wichtiger, auf ihre Liquidität zu achten. Ein effizientes Forderungsmanagement ist dabei unerlässlich.
Neulich fragte ich einen Auftraggeber, wann ich mit meinem Honorar rechnen könne. Es war schon mehr als ein Monat her, dass ich die Rechnung für meine Leistung geschickt hatte. Ich bekam darauf zu hören, in dieser Situation müsse ich noch etwas Geduld haben. Generell müsse mit längeren Zahlungszielen gerechnet werden und man bitte um Verständnis. Für mich war damit klar: Ich muss bei meinen Rechnungen noch mehr auf die Zahlung achten als sonst. Denn natürlich ist für mich als Selbstständigen meine eigene Liquidität essentiell. Also: Was tun?
I. Vorkasse
In Zeiten wie diesen ist es nicht verkehrt, sich darüber Gedanken zu machen, ob man von seinen Kunden Vorkasse verlangt. Denn Fakt ist: Sehr viele Unternehmen werden die Corona-Krise nicht überstehen. Allein im Einzelhandel werden 50.000 Insolvenzen befürchtet. Es ist also nur recht und billig, mit seinen Kunden Vorauszahlungen zu vereinbaren, um nicht auf seiner Rechnung sitzen zu bleiben. Da kann man natürlich kreativ sein und z.B. nicht erst nach dem Ende eines Projektes, sondern eine Abrechnung nach jedem Projektabschnitt abmachen. Oder klassisch die Hälfte des Honorars vorab vereinbaren und die zweite Hälfte nach erbrachter Leistung.
II. Sofortige Rechnungsstellung
Ich weiß nicht warum, aber manche meiner Kollegen zögern die Rechnungsstellung immer ein paar Tage heraus. Vielleicht, um nicht zu gierig zu wirken? So ganz kann ich das nicht verstehen, denn erst durch die Rechnung kann ich doch den Lohn für meine Leistung bekommen. Indem ich mit der Rechnung zögere, erhalte ich erst später das Geld. Das wirkt sich negativ auf meine Liquidität aus – und kann einfach nicht richtig sein. Das heißt: Rechnungsstellung umgehend nach Leistung.
III. Kurze Zahlungsziele
Ich hatte früher in meinen Rechnungen ein Zahlungsziel von 14 Tagen. Das ist dann nett gegenüber meinen Kunden, denn ich lasse ihnen 14 Tage Zeit, in denen sie mich nicht bezahlen müssen. Man nennt das auch Lieferanten-Kredit. Denn letztendlich ist es nichts anderes als ein zinsloser Kredit, den ich meinen Kunden einräume. Tatsächlich muss man sehr gut darüber nachdenken, ob man sich diesen Luxus in diesen Zeiten noch leisten kann. Ansonsten empfehle ich das Zahlungsziel deutlich zu senken.
IV. Bankeinzug nutzen
Eine halbwegs sichere Methode, an sein Geld zu kommen, ist die SEPA-Lastschrift. Das Konto des Kunden wird hierbei belastet und dem Erbringer der Leistung gut geschrieben. Der Zahlungsempfänger benötigt zum Bankeinzug das Einverständnis des Zahlungspflichtigen. Diese Erklärung muss der Kunde schriftlich geben. Bei fehlerhaftem oder gar betrügerischem Einzug vom Konto hat der Betroffene acht Wochen Zeit, der Lastschrift zu widersprechen.
V. Offene Posten verfolgen
Es ist essentiell für Selbstständige und Freiberufler, einen Überblick über laufende Posten zu haben. Nahezu jedes Buchhaltungssystem verfügt über eine entsprechende Funktionen, die diese Posten anzeigt. Die Bedingung: Zahlungseingänge müssen aktuell gehalten werden.
VI. Mahnen
Spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang der Rechnung kommen Geschäftskunden in Verzug. Bei Privatkunden ist das ebenfalls so, wenn der Leistungserbringer auf der Rechnung ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht hat. Zudem kommen Geschäfts- wie Privatleute in Zahlungsverzug, wenn sie nicht innerhalb des Zahlungsziels, das auf der Rechnung steht zahlen (mehr hierzu in unserem Gründerlexikon-Artikel „Zahlungsverzug) Es wäre also vom Prinzip gar nicht nötig, den Schuldner noch einmal zusätzlich zu mahnen.
Allerdings sind viele Kunden weiterhin auf diesen Ablauf trainiert. Es kann deshalb etwas sehr direkt sein, ohne vorherige Erinnerung gleich Verzugszinsen einzufordern. Tatsächlich finde ich es sinnvoll, zwei Mal zu erinnern (einmal telefonisch und einmal schriftlich) und erst dann eine Mahnung zu schicken. Es kann ja wirklich sein, dass der Kunde die Rechnung vergessen oder verlegt hat.
Meine Erfahrung: Es lohnt sich, den Kunden persönlich anzurufen und nachzufragen, wo es bei der Rechnung eventuell hakt.
Wenn die Zahlungsfrist abgelaufen ist, hake ich bei meinen Kunden telefonisch nach. Da lässt sich schnell klären, ob es sich um eine Unachtsamkeit handelt – oder mehr dahinter steckt. Nach einer angemessenen Zeit schicke ich eine schriftliche Erinnerung hinterher, in der ich noch einmal offiziell auf die Rechnung und die noch ausbleibende Zahlung sowie das Ende der Zahlungsfrist hingewiesen habe. Hier lege ich noch einmal eine neue Zahlungsfrist fest. Nach dem Ende dieser Zahlungsfrist kommt dann die Mahnung mit einer Mahngebühr und Verzugszinsen. Wenn dann immer noch nicht gezahlt wird, sollte man über ein Mahnverfahren nachdenken.
VII. Factoring
Selbstständige und Freiberufler können noch einen weiteren Weg wählen, um sich Liquidität zu sichern: Das Factoring. Dabei werden die Rechnungen durch ein Factoring-Unternehmen vorfinanziert, bzw. dem Leistungserbringer abgekauft. Der erhält sofort das Geld, abzüglich einer Factoring-Gebühr. Das kann unter Umständen interessant sein, wenn es immer wieder Ausfälle gibt und das Liquiditätsbedürfnis sehr hoch ist. Allerdings liegt die Gebühr auch zwischen 1 bis 3 Prozent des Rechnungswertes. Bei 50.000 Euro Umsatz im Jahr sind das im Extremfall 1500 Euro. Ob sich das lohnt, kann man schnell gegenrechnen: Zum einen muss man bedenken, auf wie viel Euro Forderungsausfall man pro Jahr kommt. Dann die Arbeitszeit, die man mit dem Eintreiben der Forderungen verbracht hat. Und dann den Zinsvorteil den man durch die größere Liquidität bekommt.
VIII. Mehr Selbstbewusstsein
Viele Selbständige und Freiberufler behandeln Zahlungsausfälle nicht mit der gebotenen Dringlichkeit behandeln. Es reicht nicht, kurze Zahlungsziele zu vereinbaren, dann aber Monate mit einer Mahnung zu warten, wenn tatsächlich nicht gezahlt wird. Die nötige Konsequenz fehle bei vielen. Ein Grund: Die Angst einen Kunden zu verlieren. Hier ist mehr Selbstbewusstsein nötig. Denn ein Geschäft ist erst dann abgeschlossen, wenn beide Seiten – Auftragnehme und Auftraggeber – ihre Verpflichtungen erfüllt haben. Dazu gehört eben auch, dass Rechnungen bezahlt werden.
Über den Autor Henning Zander
Henning Zander ist Wirtschaftsjournalist und externer Datenschutzbeauftragter (TÜV). Er arbeitet u.a. für FOCUS-Business, Legal Tribune Online und das Anwaltsblatt. Er ist Autor des Buches Startup für Einsteiger
Vielen Dank für die Informationen zum Forderungsmanagement. Meine Schwester ist freiberuflich tätig. Ich denke, sie würde diese Informationen zum Forderungsmanagement als sehr hilfreich empfinden.