Robots by Robohash.org (CC)
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Wie ich meinen ersten Bot programmierte – und was ich dabei gelernt habe

Bots sind die neuen Browser – zumindest wird das schon seit einiger Zeit behauptet. Das hat mich neugierig gemacht: Was hat es mit den kleinen Helfern auf sich, die meistens am unteren Bildschirmrand aufblinken? Um es zu verstehen, hilft da am besten, es mal selbst auszuprobieren.

Robots by Robohash.org (CC)
Robots by TARS / Robohash.org (CC)

Inzwischen gibt es viele Dienste, die es ermöglichen, auch mit sehr wenigen Programmierkenntnissen einen Bot zu erstellen. Sehr viele haben sich auf Facebook spezialisiert. Schließlich kann hier der Bot wie ein normaler Gesprächspartner integriert werden – tatsächlich fühlt sich die Interaktion mit Bots auf Facebook recht natürlich an. Zum Testen wollte ich allerdings einen Bot, der auf meiner Webseite funktioniert. Hier habe ich das größte Potenzial gesehen. Der Bot als Consierge, der durch die Webseite führt und erste kleinere Fragen beantwortet.

Planung ist alles!

Das ist auch schon eine wichtige Erkenntnis: Planung ist tatsächlich alles. Denn ein Bot kann sehr schnell sehr, sehr komplex werden. Also muss ich mir zuerst darüber Gedanken machen, wofür ich den Bot einsetzen will und was er dafür können soll. Bei meinen Recherchen bin ich immer wieder wieder auf Bots gestoßen, deren einzige Aufgabe darin besteht, Daten abzugreifen. Die erste Frage lautet dann: „Wie heißen Sie?“, oft gefolgt von „Können Sie mir Ihre E-Mail-Adresse sagen?“. Und dann kommt nur noch heiße Luft: „Unsere Webseite ist…“ „Wir sind ein Unternehmen für…“. Ich glaube nicht, dass man tatsächlich mit einem solchen Bot erfolgreich ist. Die Absichten sind zu durchschaubar, der Nutzen geht gegen Null. Ich wollte also einen Bot, der Leser bei Bedarf auf bestimmte Seiten hinweist und der kleine Fragen beantworten kann. Hierfür habe ich das Thema Datenschutz gewählt, das vielen Lesern aktuell auf dem Herzen liegt.

Der Bot muss nicht alles können!

Ich dachte immer, ein Bot wäre eine künstliche Intelligenz auf meiner Web-Seite. Aber dieser Anspruch ist eigentlich Quatsch. Sehr anschaulich beschreibt das der Text „Apps adé, jetzt kommen die Bots!“ aus dem Wired-Magazin.

„In der öffentlichen Wahrnehmung existieren falsche Vorstellungen davon, wohin die Entwicklung geht. Die weitverbreitetste ist vermutlich die, dass Bots wie Menschen reden sollten. Wenn ein Bot etwas für mich erledigen soll, will ich keine menschliche Interaktion mit ihm simulieren. Ich will mit Bots nicht wie mit lebenden Personen reden. Ich erwarte von Bots ein besseres Erlebnis.“Phil Libin, Geschäftsführer des Venture-Capital-Fonds General Catalyst

Um es kurz zu machen: Wer eine Pizza bestellen will, will nicht in ein Gespräch verwickelt werden. Er will wissen, welche Pizza es gibt, wie teuer die ist, und sie dann bestellen. So etwas lässt sich in relativ einfachen Wenn-Dann-Verknüpfungen darstellen. Ich habe mich schließlich für ein Programm entschieden, mit dem ich das sehr gut machen kann. Für meinen ersten Test habe ich einen Bot von Tars genutzt. Für mich war wichtig, dass ich den Bot unproblematisch auf meiner Seite integrieren kann und er auch in der mobilen Ansicht meiner Webseite gut funktioniert. Außerdem war mir wichtig, dass ich das System dahinter verstehe. Das funktioniert bei Tars sehr gut – allerdings ist die Vollversion sehr kostspielig. Die Testversion gibt es für 14 Tage kostenlos.

In Fragen denken!

Das ist für mich als Journalisten neu. In meinen Texten versuche ich ja eigentlich, Dinge möglichst einfach zu erklären – also verkürzt: Leuten zu sagen, was Sie tun sollen/sollten. Beim Bot muss man ganz anders denken. Über Fragen muss ich den Leser zu der für ihn richtigen Antwort führen. Ich muss also nicht die Kriterien für die Benennungspflicht eines Datenschutzbeauftragten aufzählen, sondern den Leser fragen: Wie ist Deine Situation? Sind ständig 10 Personen mit der automatischen Datenverarbeitung beschäftigt? Arbeitest Du mit sehr sensiblen Daten in einem großen Umfang? Zum Beispiel Gesundheitsdaten?

Und irgendwann am Ende steht dann die eigentliche Antwort.

So sieht das Frage/Antwort-Diagramm meines Bots aus:

Denken in Wenn-Dann-Verknüpfungen
Bot-Programmierung: Denken in Wenn-Dann-Verknüpfungen

Der Bot hat ein Gedächtnis!

Wer sich abends mit Freunden in einer Kneipe trifft, kann sich am nächsten Tag manchmal nicht mehr so genau daran erinnern, worüber eigentlich geredet wurde. Und das ist oft auch ganz gut so…

Bei Bots ist das anders: Jedes Gespräch wird dokumentiert. Das war für mich auch aus Nutzersicht wichtig, noch einmal zu verstehen.

Bei Adress-Masken sind viele Menschen schon vorsichtig geworden, welche Informationen sie über sich preisegeben. Bei Bots ist das psychologisch eine ganz andere Situation. Gute Bots geben ein gutes Gefühl, vermitteln Sicherheit – die Schwelle, auch sehr persönliche Informationen herauszugeben, sinkt deutlich. Wer einen Bot programmiert, sollte sich dessen bewusst sein. Es gilt das Prinzip der Datensparsamkeit: Nicht mehr Daten abfragen, als man braucht, und diese auch nicht länger aufbewahren als nötig.

Inzwischen blicke ich umso skeptischer auf Bots, die etwa das psychische Befinden abfragen. Ich glaube, gerade bei psychisch labilen Menschen besteht die Gefahr, dass Bots zu einer Vertrauensperson aufgebaut werden – die sie definitiv nicht sind. Was machen übrigens Amazon und Apple mit solchen Gesprächen? Ich bin davon überzeugt, dass es nicht wenige Menschen gibt, die Siri und Alexa an ihrem Seelenleben teilhaben lassen. Das sollte man nicht ausnutzen.

Nachtrag (15.11.2018)

Inzwischen nutze ich den Service Snatchbot. Die Programmierung ist nicht so intuitiv wie bei TARS, aber der Dienst ist bis zu einem gewissen Grade kostenlos. Für einen ersten Test ist Snatchbot völlig ausreichend. Interessant ist die Anbindung an eine KI im Hintergrund. Mir persönlich war es allerdings zu aufwendig, die KI so zu trainieren, dass sie auf freie Fragen angemessen antworten kann. Ich glaube ohnehin, dass Chatbots eher für kleine, eng umrissene Aufgaben prädestiniert sind. Dafür reichen die von mir vorgenommenen Wenn-Dann-Verknüpfungen aus.

Über den Autor Henning Zander

Henning Zander ist Wirtschaftsjournalist und externer Datenschutzbeauftragter (TÜV). Er arbeitet u.a. für FOCUS-Business, Legal Tribune Online und das Anwaltsblatt. Er ist Autor des Buches Startup für Einsteiger

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