Ideen im Laufschritt – Walking Meetings
Aus dem Homo sapiens ist ein Homo sedens geworden – der sitzende Mensch. Inzwischen sitzen wir durchschnittlich 9,3 Stunden pro Tag. Zeit, dass sich etwas ändert und wir Bewegung in unsere Arbeit bringen. Ein Weg könnten Walking Meetings sein.
Ja, ich gehöre auch zu denjeninge, die es die meiste Zeit ihres Arbeitstages tun, und ja, ich hasse es inzwischen: Sitzen. Wie bei vielen anderen Berufstätigen besteht mein Job hauptsächlich aus Telefonieren, E-Mails-Schreiben und Texten verfassen. Und das alles an meinem Schreibtisch im Büro. Manchmal erinnere ich mich, dass ich auch mal aufstehen sollte, ich gehe zur Kaffee-Maschine, fülle meinen Becher auf, und dann – sitze ich schon wieder.
Mir ist bewusst, dass es so nicht weitergehen kann. Denn die medizinischen Studien zum Thema sind erschreckend. Schon in den 50er Jahren stellten Wissenschaftler fest, dass Busfahrer gegenüber den stehenden Schaffnern ein rund doppelt so hohes Herzinfarkrisiko aufweisen. Sitzende Menschen haben ein deutlich höheres Risiko an Herz-Kreislauferkrankungen zu leiden. Ist ja auch kein Wunder: Im Sitzen fällt unser Körper in einen radikalen Ruhemodus und verbraucht nur noch 1 Kalorie pro Minute. Mal ganz unabhängig davon, dass Büroarbeiter für Bandscheibenvorfälle prädestiniert sind.
Umso interessanter finde ich alle Ideen, die darauf zielen, endlich Bewegung in den Arbeitsalltag zu bringen. Dabei hat es mir ein Konzept angetan: Das Walking Meeting. Leider braucht es häufig Anglizismen, um Dinge interessant zu machen, die die Welt nicht neuerfinden, die aber – wenn sie mal jemand beherzigen würde – deutlich zur Verbesserung unseres Lebens beitragen können. Das Walking Meeting ist also ein Spaziergang, bei dem eine Besprechung stattfindet.
Und ehrlich: Das ist grandios. Gerade Führungskräfte befinden sich in Dauerschleifen von Sitzungen, Konferenzen und Meetings. Sitzen, Sitzen, Sitzen. Essen, Essen, Essen. Es ist eigentlich fast unmöglich, auf diese Art und Weise leistungsfähig zu bleiben. Und nicht auf unangenehme Weise voluminöser und kurzatmiger zu werden. Wie disruptiv (um Mal im Management-Slang zu bleiben) fühlt es sich an, aus diesem Schema auszubrechen, und einfach loszugehen. Es gibt zig Argumente, weshalb das eine gute Idee ist:
- Gehen ist gesund
- Bewegung fördert den Perspektivwechsel
- Bewegung steigert die Motivation
- Ein Spaziergang mit dem Team stärkt das Gemeinschaftsgefühl
- Es gibt keine Unterbrechungen durch Bildschirme oder Smartphones
- Der Spaziergang macht kreativ, wie eine Gruppe von Forschern der Standford University festgestellt hat
Sicher ist es nicht sinnvoll, die Zahl der Meeting-Teilnehmer zu begrenzen. Ist die Gruppe zu groß, eilen manche voran, andere kommen nicht mit, nicht alle können noch dem Gespräch folgen. Zudem sind Spaziergänge nicht unbedingt geeignet, konkrete Entscheidungen zu treffen. Zudem ist es wichtig, ein konkretes Thema vorzugeben, damit das Gespräch nicht aus dem Ruder läuft. Walking Meetings funktionieren am besten bei Innovation Meetings – wenn es also darum geht, auf neue Ideen, neue Perspektiven zu kommen. Der Blog firstagenda.com hat die wichtigsten Regeln zusammengestellt:
- Nicht mehr als 4 Teilnehmer
- Der Spaziergang muss dem Anlass angemessen sein.
- Eine Agenda muss festgelegt werden
- Die Route sollte feststehen
- Keine Handys
- Teilnehmer sollten vorher eingeladen werden (z.B. mit dem Hinweis auf fests Schuhwerk)
- Das Konzept sollte erklärt werden
Wenn diese Punkte beherzigt werden, steht einem erfolgreichen Walking Meeting nichts mehr im Weg. Und endlich kommt etwas Bewegung in den Job, die wir so arg nötig haben.
Über den Autor Henning Zander
Henning Zander ist Wirtschaftsjournalist und externer Datenschutzbeauftragter (TÜV). Er arbeitet u.a. für FOCUS-Business, Legal Tribune Online und das Anwaltsblatt. Er ist Autor des Buches Startup für Einsteiger
Hallo Herr Zander,
vielen Dank für diesen Beitrag.
Bei den oberen Punkte fehlt noch „Problemdistanzierung“ (das fördert kreative Sichten auf zu lösende Aufgaben oder Problemen).
In einem Punkt muss ich übrigens widersprechen: Bei Spaziergängen (auch mit dem Team) gibt es „durchaus“ Unterbrechungen durch Smartphones, es sei denn, diese sind aus- oder stummgeschaltet (aber selbst dann kann es ja noch die Vibrationsalarm geben;-). Naja, etwas weiter unten steht dann ja auch „keine Handys (aber ist das realistisch?).
Außerdem: Spaziergänge sind ABSULUT geeignet umd relavante und konkrete Entscheidungen zu treffen. Lediglich das Dokumentieren könnte bei Spaziergängen problematisch werden. Bei anstehenden Entscheidungen baue ich genau DAS regelmäßig ein: Einen Spaziergang oder eine Fahrradfahrt ZUR Entscheidungsfindung.
Ansonsten stimme ich aber zu: Wer sich bewegt, bleibt „in Bewegung“ (auch im übertragenen Sinne)