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Perfektion im Unperfekten oder: Es gibt kein ‚richtig‘ beim falschen Kunden

Im Freitexter-Büro. C. hat einen Anruf von seinem Auftraggeber. Es geht um Kleinigkeiten. Dennoch ist der Auftraggeber geladen. C. bekennt sich schuldig im Sinne der Anklage. Allein schon, um seine Ruhe zu haben. Als er auflegt, formulierte er dann folgenden Gedanken:

„Was hilft es, das Fenster auf den Nanometer genau an der geplanten Stelle einzubauen – wenn doch schon die ganze Statik des Hauses nicht stimmt und beim bloßen Draufschauen klar ist, dass es bald einstürzt.“

C. ist kein Architekt. Und bei seinem Business geht es auch nicht um Häuser. Aber manchmal entsteht doch der Eindruck, dass sich Menschen in Details verbeißen, ohne zu erkennen, dass schon das von ihnen selbst entwickelte Konzept dahinter im Großen und Ganzen totaler Murks ist.

Ich kenne es selbst aus verschiedenen Unternehmen. Was wurde bei einem großen Medienkonzern nicht für ein Theater gemacht, wenn anstelle des Gedankenstrichs versehentlich der kürzere Bindestrich verwendet wurde. Gleichzeitig hatte der Konzern auf folgende Fragen keine Antwort:

  • Wer ist unsere Zielgruppe?
  • Was ist unser Produkt?
  • Wie kommt unser Produkt zur Zielgruppe?
  • Und wie, um Himmelswillen, verdienen wir damit Geld?

Die Folge: Sinkende Verkaufszahlen, Umsatzrückgang und später Stellenkürzungen. Aber die Fehlerquote bei der Verwendung von Gedankenstrichen lag geschätzt bei unter einem Prozent.

Man kann das Ganze natürlich auch etwas plakativer und kürzer mit dem bekannten Adorno-Zitat ausdrücken:

„Es gibt kein richtiges Leben im Falschen„.

Ich würde das mal wie folgt abwandeln: „Es gibt kein ‚richtig‘ beim falschen Kunden“. (ftx)

Über den Autor Henning Zander

Henning Zander ist Wirtschaftsjournalist und externer Datenschutzbeauftragter (TÜV). Er arbeitet u.a. für FOCUS-Business, Legal Tribune Online und das Anwaltsblatt. Er ist Autor des Buches Startup für Einsteiger

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